Keramikworkshop – VARM Projektwoche

Wintersemester 2017 / 2018

Keramik ist eine Leitgattung antiker Kultur(en): als Gebrauchs-, Vorrats- oder Transportgefäße, Bei- oder Weihgaben, Auszeichnungen oder Prestigeobjekte waren tönerne Gefäße nicht nur an allen Orten mit menschlichen Aktivitäten in Gebrauch, sondern sind dort bis heute als Ganzes, in beschädigter Form oder aber in Gestalt von Abfall zu finden. Vielfältigkeit, Quantität und Allgegenwärtigkeit antiker Keramik bieten ein breites Spektrum an Aussagen über ihre Nutzung und ihre Benutzer, erlauben aber auch in besonderem Maße eine beispielhafte Demonstration archäologischer Methoden. So gestattet die gewaltige Quantität des Materials eine so kleinteilige Klassifizierung und Datierung, dass Keramik(reste) zu den verlässlichsten und genauesten Anhaltspunkten für die Datierung von Schichten und Befunden gehören, geben Vasenformen Auskunft über Lebensformen und Rituale, oder vermittelt die in Malerei oder Relief ausgeführte (figürliche) Dekoration Einsichten u.a. zu Realia, Geschichten und Leitbildern ihrer Benutzer. Entsprechend können u.a. so zentrale Methoden wie naturwissenschaftliche und stilistische Analysen, typologische Klassifikation, ikonographisch-ikonologische Untersuchungen oder Befundauswertung an dem Material demonstriert werden.

Mit der geplanten Unterrichtseinheit soll den bereits existierenden Lehr-Formaten ein neuer Veranstaltungstyp zur Seite gestellt werden, der nach einer zweijährigen Pilotphase fest in das Lehrangebot der beteiligten Institute integriert wird. Ziel des neuen Formates ist es, (1) den auf verschiedene spezifische (Einzel-)Punkte ausgerichteten Veranstaltungen zur Keramik einen grundlegenden, breit aufgestellten Einführungskurs vorzuschalten, (2) inhaltliche und methodische Lehr-/Lerninhalte unmittelbar mit praktischen Übungen zu verbinden, (3) die unmittelbare Relevanz von zentralen Lehr- und Lerninhalten für wichtige Berufsfelder zu vermitteln.

Die als Blockveranstaltung konzipierte Unterrichtseinheit erstreckt sich über fünf Tage (erste Durchführung: 22.2., 23.2., 26.-28.2.2018) und umfasst 45 Unterrichtsstunden; Veranstaltungsorte sind Darmstadt (TU DA, Frankfurt (GU, RGK) und Mainz (JGU, RGZM). Das Programm soll sieben Felder abdecken: (1) Einführung in Theorie und Methoden der archäologischen Keramikforschung. (2) Einführung in die Produktion: Möglichkeiten der Rekonstruktion, erschlossenes Vorgehen, Experimentalarchäologie in der Töpferwerkstatt (Darmstadt). (3) Einführung in archäologische Auswertung: Gebrauchs-, Entsorgungs- und Fund-Kontexte, unter Einbeziehung von Material aus dem eigenen Projekt im Rahmen der Kerameikos-Grabung (JGU). (4) Einführung in kunsthistorische Auswertung: bildwissenschaftliche Analyse (GU). (5) Einführung in naturwissenschaftliche Auswertung: Archäometrie (RGZM, GU). (6) Einführung in die wissenschaftliche Erschließung und Bewahrung: Restaurierung (RGZM), Inventarisierung und Magazinierung (hessenARCHÄOLOGIE), Corpora und Publikation (RGK). (7) Einführung in Öffentlichkeitsarbeit: Präsentationsformen (RGZM, JGU).

Die Einführung in Inhalte und Methoden erfolgt durch ein interdisziplinäres Dozententeam, in dem Vertreter/innen der Klassischen Archäologie, der Provinzialrömischen Archäologie und der Vor- und Frühgeschichte sowie Spezialisten/innen in Restaurierung, Archäometrie und Töpferhandwerk mitwirken. Die einzelnen Gruppen werden so zusammengestellt, dass stets Studierende verschiedener Universitäten, Studiengänge und Fachrichtungen (vgl.u.) zusammenarbeiten und dementsprechend bereits erworbene fachspezifische Qualifikationen (etwa von Seiten der Architektur-Studierenden: Rekonstruktion von Modeln für das Abformen von Ziegeln, Präsentationsformen) in einander ergänzender Weise in die gemeinsame Arbeit einfließen können.

Das von dem Dozententeam entwickelte Lehrveranstaltungsformat nutzt gezielt die an den Rhein-Main-Universitäten und ihren außeruniversitären Partner-Institutionen gegebenen spezifischen komplementären Kompetenzen und Ressourcen; keine der beteiligten Institutionen könnte eine entsprechende Lehrveranstaltung allein durchführen. Den Studierenden wird im Rahmen der Veranstaltung zusätzlich zu den fachlichen und praktischen Kenntnissen auch das Kennenlernen zentraler archäologischer Institutionen ermöglicht, die zudem als potentielle künftige Arbeitgeber auftreten.