Die Bedeutung sakraler Orte in der urbanistischen Entwicklung von Lepcis Magna -
Das Fallbeispiel der christlichen Basilica am Alten Forum
Dr. Karl-Uwe Mahler, in Zusammenarbeit mit dem Department of Archaeology, Tripoli, Libyen sowie Prof. Dr.-Ing. Klaus Nohlen, Labor für Bauforschung und Bauaufnahme der FH Wiesbaden.
Historischer Kontext
Die christliche Basilica am Alten Forum bietet ideale Voraussetzungen, um die Frage nach Bedeutung und Kontinuität sakraler Bauwerke in Lepcis Magna in Zeiten einer Destabilisierung der urbanen Lebenswelt zu untersuchen. Durch die vandalische Invasion in Nordafrika wird in der Mitte des 5. Jhs. n. Chr. der kulturelle ebenso wie der administrative Kontakt zu Rom für etwa 80 Jahre unterbrochen. Erst durch die Feldzüge des Kaisers Iustinian in Nordafrika wird Lepcis Magna wieder Teil des Imperium Romanum. Scheint die Verbindung dann wieder intakt, so haben sich doch die Vorzeichen geändert. Das vormals eher durch den lateinischen Westen geprägte Gebiet gerät nun unter den starken Einfluss des griechischen Ostens, der zwar auch schon in vorvandalischer Zeit besonders in Tripolitanien spürbar war, jetzt aber eine vollkommen neue Qualität erhält.
Bisherige Arbeiten
Im Herbst 2006 und im Frühjahr 2007 wurden als Grundlage weiterführender Untersuchungen in zwei Kampagnen eine Bauaufnahme der Basilica durchgeführt und ein detaillierter Steinplan, ein Längsschnitt sowie Aufrisse der gut erhaltenen Süd- bzw. Westmauer erstellt. Daneben wurde die vor Ort erhaltene Bauornamentik dokumentiert und katalogisiert. Zur Klärung bauhistorischer und siedlungsgeschichtlicher Fragen wurden im Frühjahr 2007 und in einer weiteren Kampagne im Februar 2008 mehrere Sondagen angelegt (Abb. 1 und 2). Dabei konnten vier Holzkohleproben für eine C14-Altersbestimmung relevanter Schichten entnommen werden.
Erste Ergebnisse
Die Siedlungsgeschichte des Areals konnte anhand der Sondagen weitgehend geklärt werden. Etwa einen Meter unter der Bodenpflasterung der Kirche südöstlich des Presbyteriums und damit nur ca. 0,2 m unter der frühkaiserzeitlichen Pflasterung des Forums fanden sich die Reste einer punischen Lehmziegelmauer, die aufgrund des Formats der Ziegel wohl vor dem 2. bzw. 1. Jh. v. Chr. entstanden sein dürfte (Abb. 3). Sie trifft auf die Reste eines weiteren Mauerzuges, der etwas mächtiger ist und aus einer mit Lehm verschmierten Bruchsteinsetzung besteht. In ihrer Ausrichtung stimmen die beiden Mauern, soweit aufgrund des nur geringen erfassten Bestandes gemutmaßt werden darf, weitgehend mit dem späteren orthogonalen System des Forums und seiner Gebäude überein.
Die charakteristische Ausführung der späteren Fundamentierung, die z. T. die punischen Strukturen schneidet, mit einer unteren Steinlage aus Sandstein und darauf aufliegenden Kalksteinblöcken erinnert an frühkaiserzeitliche Bauten wie das augusteische Macellum.
Über den Fundamentzügen liegt der späteste Horizont, der als Aufschüttung für die Pflasterplatten der Kirche diente. Eine in der nordöstlichen Ecke des Innenraums der Kirche angelegte Sondage schnitt ein weiteres im Inneren der Kirche angelegtes Grab (Abb. 4).
Für die Ausstattung der christlichen Basilica kann aufgrund der Heterogenität des Materials mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Spolien von unterschiedlichen Gebäuden wiederverwendet wurden. Indirekt ist durch die Zuweisung der Stücke an den ursprünglichen Herkunftsort ein Bild vom Zustand der städtischen Bausubstanz während der Errichtung zu gewinnen. Der marmorne Baudekor stammt von unterschiedlichen Gebäuden am Alten Forum. Sogar vom weit entfernten Traiansbogen am Cardo maximus wurden Kranzgesimse zum Bauplatz geschafft. Das Gebäude entstand somit zu einem Zeitpunkt, als eine Vielzahl von öffentlichen Bauwerken bereits ihre Funktion verloren hatte und dem Verfall preisgegeben war.
Aufgrund der bisherigen Beobachtungen wird man der späteren Datierung der Kirche in byzantinische Zeit den Vorzug geben.
Die Ergebnisse der Untersuchungen werden mit dem Einverständnis des libyschen Department of Archaeology als Supplementband der Libya Antiqua 2011 in den Druck gehen.